Karl Liebknecht oder: Nieder mit dem Krieg, nieder mit der Regierung!
Klaus Gietinger
„Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworender Rosa Luxemburg reichen wir die Hand.“
Die Zeilen, gedichtet 1919 von einem Unbekannten, belegen eine zumindest anfängliche Hierarchie. Als mythische Figuren der Arbeiterbewegung waren sie in der DDR gleichberechtigt, doch im praktischen Gebrauch schien Liebknecht handfest, Luxemburg eher schwierig. Mit den 68ern änderte sich das. Rosa strahlte von da an heller als Karl. SPDMitglieder im Westen erfreuten sich plötzlich ihrer und wandten sie gegen die DDR. Als die verschwand, verschwand auch Karl Liebknecht fast völlig. Rosa Luxemburg blieb, selbst nachdem sich die SPD wieder vor ihr davongestohlen hatte. Und heute? Es ist Zeit, Karl Liebknecht wieder aus der Versenkung zu holen. Denn der Mann wird gnadenlos unterschätzt. Kein Linker und keine Linke hat mehr gegen Militarismus, gegen Rüstungskapital und Krieg gekämpft, keiner hat mehr Schützengräben dafür ausheben müssen, keiner den Tag der Revolution besser vorausgesehen und keiner – das wissen die wenigsten – hat als Kommunist die marxsche Theorie schärfer kritisiert als er. Wenn Marx sagte, er sei alles, nur kein Marxist, so trifft das noch mehr auf Liebknecht zu.