Keine Zukunftsperspektiven für Schulen in freier Trägerschaft?
Rechtsprechung und Realität im Schutzbereich eines bedrohten Grundrechts.
Friedhelm Hufen, Johann Peter Vogel
Die Nachfrage nach Schulen in freier Trägerschaft in der Bundesrepublik steigt ständig. Zugleich werden die finanziellen Belastungen der Eltern, deren Kinder diese Schulen besuchen, aufgrund zunehmender Tendenz zu staatlicher Unterfinanzierung dieser Einrichtungen immer gravierender. Flankierend reduziert die höchstrichterliche Rechtsprechung seit 1990 die 1987 in Übereinstimmung mit der Rechtsdogmatik ausgebildete verfassungsrechtliche Leistungspflicht des Staates gegenüber Ersatzschulen beträchtlich. Das Grundrecht auf Errichtung solcher Schulen, insbesondere seine Sozialklausel, ist in seiner Existenz bedroht. Problematisch ist dabei die neu interpretierte Voraussetzung der Leistungspflicht, die „evidente Gefährdung der Institution Ersatzschulwesen“ – wobei völlig offen bleibt, wie die „Institution“ zu definieren ist und wann diese „gefährdet“ sein könnte. Im Rahmen einer eingehenden Analyse dieser Rechtsprechung wird auch die individuelle Bedeutung der Errichtungsgarantie begründet in Erinnerung gerufen. Die von der Rechtsprechung benutzten Argumente wie z. B. das „hergebrachte Bild der Privatschule“ zeigen zudem eine ausgeprägte Realitätsferne und geben Anlass, Bestand und Funktion der Freien Schulen darzustellen mit ihren öffentlichen Aufgaben der Innovation und der konfessionellen Bildung, aber auch der Integration und der Flächendeckung. Diese Aufgaben berechtigen zu der Forderung, die öffentliche Finanzhilfe statt an gegriffenen Rechengrößen an der Höhe der staatlichen Schülerkosten zu orientieren. Diese Schülerkosten sind jetzt zuverlässig feststellbar. Vielfalt im Schulwesen soll auch weiterhin für alle zugänglich bleiben.