Kierkegaard und der Deutsche Idealismus
Konstellationen des Übergangs
Lore Hühn
Kierkegaards existenzphilosophischer und christologischer Ansatz ist aus einer Kritik an der Philosophie des Deutschen Idealismus, insbesondere derjenigen Hegels erwachsen. Diese Kritik organisiert Kierkegaard von der Fundamentaldifferenz her, die der späte Schelling gegen Hegels Vermittlungsdenken einer absoluten Vernunft wirkmächtig aufgeboten hat: die Fundamentaldifferenz zwischen einem im Möglichkeitsmodus des Denkbaren operierenden (negativen) Vernunftdiskurs und einer im Wirklichkeitsmodus der Erfahrung angesiedelten Positivität. Die von Schelling in seiner Spätphilosophie diagnostizierte Unmöglichkeit des logischen Denkens, über das „Was“ einer Denkbestimmung zum „Dass“ der Erfahrung zu kommen, ist von zentraler Bedeutung für Kierkegaards Interesse an Konstellationen des Übergangs. Den spekulativen Figuren des Zwischen, des Plötzlichen und des Augenblicks verleiht er eine neue, christologische Intelligibilität. Hierin konvergiert der Impuls der Kierkegaardschen Hegelkritik mit der Stoßrichtung des Ansatzes beim späten Fichte, nämlich beim praktischen Selbstvollzug des Einzelnen. Kierkegaard radikalisiert diese Ausrichtung auf ihre religiös-theologische Tiefenschicht hin, in welcher auf der einen Seite die Gottesbeziehung als die eigentliche Ursprungsdimension der Erfahrung, auf der anderen die subjektive Tat in ihrer unvordenklichen Selbstsetzung und zugleich Selbstverkehrung in den Blick genommen werden. Unverkennbar sind in dieser Ausrichtung Grun..weiterlesen