Klugheit bei Kant
Claudia Graband
Einer oft geteilten Einschätzung zufolge reduziert Kant mit seiner auf reine Vernunft ausgerichteten praktischen Philosophie Klugheit auf eine Form der Geschicklichkeit. Zwischen technisch-praktischer Rationalität und reiner praktischer Vernunft scheint es unmöglich, ihr einen systematischen Ort innerhalb seiner Philosophie zuzuweisen. Kommt jedoch reiner Vernunft allein die Fähigkeit zu, Zwecke zu bestimmen und nicht nur, sie zu verfolgen, so bleibt kein Platz für empirische Zweckbestimmung durch eine empirisch bedingte Vernunft– und damit auch nicht für Klugheit. Dem entgegen wird hier Klugheit bei Kant rekonstruiert als ein sowohl auf die eigene Glückseligkeit als auch auf die möglichen Zwecke anderer reflektierendes Vermögen, das sich im Rückgriff u.a. auf die Kategorien der Freiheit als empirische Form der praktischen Vernunft erweist. Es werden alle wesentlichen Aspekte und Funktionen der Klugheit im Rahmen von Kants praktischer Philosophie, der Anthropologie sowie der Rechtslehre behandelt. Mit der Untersuchung der Klugheit als ausübende Tugendlehre schließt sich der Kreis.