Konsequenzen von Solvency II für die Kapitalanforderungen von Lebensversicherungsprodukten
Philip von Plato, Fred Wagner
Das Aufsichtssystem deutscher Versicherer steht mit der von der EU-Kommission unter dem Titel Solvency II ins Leben gerufenen Initiative vor einem fundamentalen Wandel. Solvency II wird neben der Einführung qualitativer Aufsichtsinstrumente insbesondere auch zu neuen, erwartungsgemäß verschärften Anforderungen an die aufsichtsrechtlich erforderliche Eigenmittelausstattung der Versicherer führen. Die Untersuchung dieser geplanten Änderungen zeigt, dass die aufsichtsrechtlichen Kapitalanforderungen das Risikoprofil der Versicherer in Zukunft wesentlich differenzierter abbilden werden. Sowohl Risikoumfang (Welche Risiken müssen überhaupt erfasst werden?) als auch Risikomessung (Mit welchen Methoden sind diese Risiken zu bewerten?) werden künftig zur Ermittlung der erforderlichen Kapitalausstattung deutlich erweitert bzw. differenziert.
Die sich anschließende Frage nach den solvabilitätspolitischen Konsequenzen – d. h. wie verändert sich das aufsichtsrechtlich erforderliche Kapitalniveau der Versicherer künftig und welche Gestaltungsfaktoren sind dabei maßgeblich – wird in der Arbeit aus der Perspektive der Produktgestaltung von Lebensversicherern betrachtet. Vor dem Hintergrund risikobasierter Kapitalanforderungen kommt der produktspezifischen Ausgestaltung der Risikotransferleistung in Zukunft entscheidende solvabilitätspolitische Bedeutung zu.
Im Rahmen einer Risikoanalyse müssen Lebensversicherer ihr Produktportfolio daher daraufhin untersuchen, welche Leistungsmerkmale das Unternehmen welchen Risiken aussetzen. Dies wird jedoch durch eine zunehmende Produktvielfalt und -individualisierung der am Markt angebotenen Leistungen erschwert. Als praxisrelevantes Konzept entwickelt die Arbeit daher eine risikobezogene Produktsystematik, anhand derer die wesentlichen Leistungsmerkmale von Lebensversicherungsprodukten identifiziert, klassifiziert und auf ihr Risikoprofil untersucht werden.
Die solvabilitätspolitischen Konsequenzen werden schließlich anhand idealtypischer Leistungskonfigurationen der kapitalbildenden und fondsgebundenen Lebensversicherung, der Renten- sowie Risikolebensversicherung abgeleitet und diskutiert. Diese werden auf ihr spezifisches Risikoprofil hin untersucht und mit den einzelnen Risiken der zukünftigen aufsichtsrechtlichen Behandlung gegenübergestellt.