Krieg mit dem Wort
Türkenpredigten des 16. Jahrhunderts im Alten Reich
Damaris Grimmsmann
Der Fall Konstantinopels (1453) und die Belagerung Wiens (1529) durch das Osmanische Heer lösten im Alten Reich Reaktionen in sämtlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens aus. Neben der Finanzierung des Krieges regelten die Reichstage des 16. Jahrhunderts auch den Einsatz „geistlicher Waffen“: Nun wurden „Türkenglocken“ geläutet, Gebetsstunden gegen den „Erbfeind“ abgehalten und Türkenpredigten verfasst. „Krieg mit dem Wort“ wendet sich erstmals der Türkenpredigt als homiletischer Gattung zu. Das Corpus umfasst 299 Predigten von 38 Autoren. Nach einer Analyse der reichspolitischen Rahmenbedingungen der Predigten sowie deren liturgischer Verortung kommen die Autoren in den Blick: Über welchen Bildungsgrad verfügten sie und auf welche Wissensbestände griffen sie zurück? Anschließend analysiert die Autorin die Predigten in Form und Inhalt und beschreibt konfessionsspezifische Deutungsmuster: Gemeinsam ist allen Predigten ihr bußtheologischer Gestus. Unterschiede zeigen sich vor allem in der heilsgeschichtlichen Verortung der Feinde sowie im Maß der Funktionalisierung des ‚Wissens‘ über den Feind: Besonders lutherische Prediger nutzten die fremde Religion als Negativfolie, vor der das eigene Bekenntnis einleuchten sollte.