Krieg und Bürgerkrieg bei Lucan und in der griechischen Literatur
Studien zur Rezeption der attischen Tragödie und der hellenistischen Dichtung im "Bellum civile"
Annemarie Ambühl
In seinem Bürgerkriegsepos fiktionalisiert Lucan den historischen Stoff in einer intensiven literarischen Auseinandersetzung mit seinen Vorgängern, die bisher meist anhand seines Verhältnisses zur Geschichtsschreibung und zur römischen Epik untersucht worden ist. Die vorliegende Studie schließt eine Lücke der Lucan-Forschung, indem sie den Blick über die Sprach- und Gattungsgrenzen hinweg auf die Rezeption der griechischen Literatur richtet, insbesondere der attischen Tragödie und der hellenistischen Dichtung. Am Beispiel ausgewählter Passagen wird die Bedeutung von mythisch-literarischen Modellen wie dem Troianischen Krieg und dem Bruderkrieg um Theben für Lucans epische Gestaltung des Bürgerkriegsthemas aufgezeigt. Mittels intertextueller und narratologischer Analysen wird die Adaptation und Transformation der griechischen Prätexte untersucht, die im Bellum civile sowohl direkt als auch in der Vermittlung über lateinische Texte, etwa die Tragödien Senecas, rezipiert sind. Dabei soll auch der Frage nachgegangen werden, in welcher Weise in unterschiedlichen historischen und gesellschaftlichen Kontexten der antiken Kultur Kriegs- und Bürgerkriegserfahrungen im Medium des Mythos und der Dichtung gespiegelt werden.