Krieg und Zivilisation
Eine europäische Geschichte. Werkausgabe Band 2
Rolf Peter Sieferle
Mit „Krieg und Zivilisation“ erscheint zum ersten Mal Rolf Peter Sieferles umfangreichste Studie aus dem unveröffentlichten Nachlaß. Kurz vor seinem Tod im September 2016 beendet, setzt das Großwerk einen Schlußpunkt hinter ein in seiner Vielfalt heute kaum denkbares Forscherleben. Seine unterschiedlichsten Reflexionen finden noch einmal in dieser Arbeit zusammen, in der der Leser den Hintergrund vorheriger Bücher wiedererkennt: von der Naturgeschichte menschlicher Gesellschaften bis zu einer Historiographie der Landschaft und des Ortes, von abendländischer Theoriebildung bis zur Ideologiegeschichte, von der sozialgeschichtlichen Betrachtung der Energiesysteme bis zum Bild eines gesamtgesellschaftlichen Metabolismus, aus dem Sieferle nicht weniger als eine Wissenschaft des Menschen und seiner Umwelt schöpfte. Hier nun nimmt er die Landschaft in den Blick als militärisches Gelände, den Menschen als Soldaten und Zivilisten und den Krieg selbst als Gesetzmäßigkeit der kulturellen Evolution. Sieferle geht es »nicht um nicht um eine Geschichte der operativen Kriegsführung, sondern um eine Strukturgeschichte des Kriegs« in der politische, wirtschaftliche und technische Faktoren untersucht werden. Der historische Bogen spannt sich von den tribalen Gesellschaften und der Betrachtung kriegerischer Tugenden der Bürger in den antiken Republiken über die Professionalisierung des Militärs in den Kabinettskriegen des 17. und 18. Jahrhunderts und den »Volkskriegen« im Anschluß an die Französische Revolution bis ins 20. Jahrhundert mit seinen beiden Weltkriegen. So schreibt Sieferle, immer mit dem Blick auf das abendländische Nachdenken über den Krieg, auch eine Verfallsgeschichte des Krieges, die in ihren Zivilisationsbrüchen bis heute nachwirkt. Dabei entsteht nicht nur durch die Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Formen des kriegerischen Konflikts – Terrorismus, Cyberkrieg, hybride und asymetrische Kriege – ein ungemein aktuelles Buch, sondern vor allem durch die immer virulente Frage, ob die postheroischen Gesellschaften des Westens den neuen Herausforderungen durch ihre Gegner gewachsen sind.