Kultur, Barbarei und die Dialektik der Moderne
Eine kultursoziologische Interpretation von Pasolinis "Salò"
Matthias Hoffmann
2012 hätte Pier Paolo Pasolini vermutlich seinen 90.
Geburtstag gefeiert, wäre er nicht 1975 ermordet worden. Die Premiere seines
letzten Films „Salò oder Die 120 Tage von Sodom“ hat er nicht mehr erlebt. Der
Film wurde von der zeitgenössischen Kritik nahezu einhellig schlecht
aufgenommen. Die gezeigten Grausamkeiten und Bestialitäten wurden der
vermeintlichen Perversion Pasolinis zugerechnet und der Kritiker Karl Korn
stand für viele, wenn er von „Salò“ als „filmischem Monstrum“ sprach und sich
fragte, wie ein „unzweifelhaft hochbegabter Künstler so tief ins Unmenschliche“
hatte absinken können.
Auf die Frage nach dem „Unmenschlichen“ des Films will das Buch
eine Antwort geben. Eine kultursoziologische Interpretation soll zeigen, dass
nicht der Film das Unmenschliche ist, sondern dass er das Unmenschliche der
Geschehnisse im 20. Jahrhundert darstellt. Das Buch gliedert sich in zwei
Teile. Der erste Teil interpretiert den Film als Paraphrase auf die „Dialektik
der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno (1981). Der zweite Teil stellt den
gezeigten Horror des Films in einen allgemeineren Rahmen und fragt aus
kultursoziologischer Perspektive nach den gesellschaftlichen und
zivilisatorischen Voraussetzungen für das von Pasolini Gezeigte und von Adorno/Horkheimer
Beschriebene.