Kulturraum Österreich
Die Identität der Regionen in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts
Werner Telesko
Während im ersten Band der Gesamtpublikation, der unter dem Titel „Geschichtsraum Österreich“ im Böhlau Verlag im Jahr 2006 erschienen ist, der habsburgische „Gesamtstaat“ aus dem Blickpunkt der wichtigsten Phänomene und Protagonisten der dynastischen Ikonographie im Zentrum des Interesses stand, werden im vorliegenden zweiten und abschließenden Band die vielfältigen Visualisierungen der regionalen historischen Mythen im Zentrum Wien und in den Regionen, den österreichischen Kronländern (zum Teil identisch mit den Bundesländern der Republik Österreich), untersucht. Wie und mit welchen konkreten Zielsetzungen diese regionalen Gedächtnisstiftungen mit den dynastischen Strategien zusammenwirken oder diese konkurrenzieren, ist eine bisher kaum untersuchte Fragestellung. Anhand unterschiedlichster Aufgabenstellungen (Historienmalerei, Denkmäler, Jubiläumsfeiern etc.) kann deutlich gemacht werden, in welcher komplexen Weise, mit welchem Grad der quantitativen Durchdringung und mit welchen signifikanten Gegensätzen zwischen der Hauptstadt Wien und den Provinzen die eigene Geschichte im Spannungsfeld von nationalen, regionalen und kommunalen Strategien reflektiert wurde. Die Perspektive auf den schillernden „Geschichtsraum Österreich“ verlagert sich nun vom „Gesamtstaat“ zur Analyse der eigengesetzlichen „Pluralität der Räume“ (Karl Schlögel). Diese Vielfalt ist auch für die Untersuchung der reichen Produktion der österreichischen Landschaftskunst im 19. Jahrhundert wesentlich und zeigt in anschaulicher Weise, dass ein tieferes Verständnis der föderalen Strukturen Österreichs nicht ohne einen umfassenden Blick in das 19. Jahrhundert möglich ist.