Kunst-Zigeuner
Konstruktionen des "Zigeuners" in der deutschen Literatur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Stefani Kugler
Die ‘Zigeuner’ stellen eines der großen Themen der europäischen Kunst der letzten zweihundert Jahre dar. Auch in der deutschen Literatur gewinnen sie um 1800 eine neuartige Bedeutung, die in der Forschung bisher jedoch nur wenig beachtet wurde.
Die vorliegende Untersuchung, die aus literaturwissenschaftlicher Sicht einen Beitrag zur Analyse der kulturellen Konstruktion ‘Zigeuner’ durch das hegemoniale Subjekt leistet, widmet sich Entwürfen des ‘Zigeuners’ in der deutschen Dichtung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und arbeitet hierbei vor allem die sich um 1800 etablierende Verbindung von ‘Zigeunern’ und Künstlertum heraus. Anhand ausführlicher Einzelanalysen von Arnims Isabella von Ägypten, Brentanos Die mehreren Wehmüller, einigen Gedichten von Lenau und Mörikes Maler Nolten wird dieses Diskursmuster als eine bestimmte Denkfigur von Alterität offengelegt, die einen spezifischen Beitrag der Literatur zum modernen ‘Zigeunerdiskurs’ darstellt: Der Andere in der eigenen Gesellschaft wird zum ‘inneren Anderen’ des bürgerlichen Künstlers.
Der Schwerpunkt der Arbeit, die diskursgeschichtliche und hermeneutische Ansätze kombiniert, liegt auf der Rekonstruktion der Zusammenhänge ethnischer, sozialer und sexueller Differenz sowie inter- und intrakultureller Fremdheitserfahrungen. Zugleich findet aber auch das ästhetische Potential der poetischen Werke besondere Berücksichtigung.