Kurt Früh und seine Filme
Bild oder Zerrbild der schweizerischen Wirklichkeit nach 1945?
Josef Roos
Das Schweizer Filmeschaffen der 50er Jahre wurde von den Gotthelf-Verfilmungen Franz Schnyders und den «Kleinbürgerfilmen» Kurt Frühs geprägt. Beide wollten Sozialkritik üben, mussten jedoch den Konventionen der Produzenten nachgeben und Konzessionen machen. Der äusserst sensible und depressiv veranlagte Kurt Früh (1915-1979) zerrieb sich dabei und richtete sich systematisch zugrunde. Obwohl die klassische Phase der Schweizer Filmkultur, die Zeit der Geistigen Landesverteidigung (1938-1945), längst vorbei war, wirkte sie noch weit über jene Jahre hinaus bis in entfernte Jahrzehnte. So überlieferte sich deren Geisteshaltung und setzte sich selbst in den Spielfilmen der 50er Jahre fest. Kurt Früh war dabei der erste Schweizer Regisseur, der dieser Ethik in Abkehr stand. Mit seiner Sozialkritik zeigte er die Probleme der 50er Jahre auf und leitete zusätzlich die Moderne im Schweizer Filmeschaffen ein. Kurt Früh – der Mittler zum neuen Schweizer Film.