Lexikon der russlanddeutschen Literatur
Annette Moritz
Seit Beginn der Perestroika in der Sowjetunion und erst recht seit dem Zerfall der UdSSR, das heißt seit zehn und mehr Jahren, leben viele Rußlanddeutsche in Deutschland. Es sind Nachkommen jener Deutschen, die sich seit dem 18. Jahrhundert in mehreren Schüben in Rußland ansiedelten. Das Wissen über sie ist immer noch mangelhaft, wenngleich sie mittlerweile sogar Figuren in der deutschen Belletristik abgeben (Siegfried Lenz: Ludmilla, 1996; Ulla Lachauer: Ritas Leute, 2002). Was Rußlanddeutsche selbst nicht erzählen können oder wollen, kann ihre Literatur vermitteln, vor allem aber bewahrt sie rußlanddeutsches Leben, das nun durch den Wegzug der Deutschen aus Rußland endgültig zu Ende geht. In diesem Kontext ist das Lexikon der rußlanddeutschen Literatur entstanden, den einen eine Quelle der Information, den anderen ein Kompendium der Erinnerung.
Vorgelegt wird ein Autorenlexikon, das sich von vergleichbaren Nachschlagewerken durch die ausführliche Beschreibung ausgewählter Werke unterscheidet. Als literarische Zeugnisse begegnen uns Gedichte, Erzählungen, Schwänke, Stücke für das Laientheater, einige wenige Dramen, Romane. Vom frühen Einwandererpoem Bernhards von Platen, in dem die Verheißungen vom gelobten Land im Reich Katharinas der Großen mit den Enttäuschungen in der Wirklichkeit kontrastiert werden, führt der Weg sehr schnell in das 20. Jahrhundert und über die Zwischen- und Nachkriegszeit zu ganz jungen Autoren, die bereits auf den westdeutschen Markt drängen. Da sich der Schwerpunkt der Produktion rußlanddeutscher Literatur nach Deutschland verlagert hat, ist die jüngere, hier deutsch oder russisch schreibende Generation verhältnismäßig zahlreich vertreten.