Massen- und Kleinkriminalität vor dem italienischen Friedensrichter.
Neue Wege durch alternative Erledigungsmöglichkeiten und Sanktionsformen.
Konstanze Jarvers
Extrem lange Strafverfahren und häufige Freisprüche wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung sind eine Folge von übervollen Schreibtischen der Richter in Italien. Abhilfe soll die 2002 eingeführte Institution des Friedensrichters in Strafsachen schaffen, die hier erstmals in deutscher Sprache dargestellt, analysiert und bewertet wird.
Dem Friedensrichter, der nun über zahlreiche Delikte der Massen- und Kleinkriminalität zu befinden hat, stehen neue Formen alternativer Verfahrenserledigung zur Verfügung. Sie sollen nicht nur das Justizsystem entlasten, sondern auch den Interessen des Opfers größtmögliche Berücksichtigung einräumen und im Idealfall zu einer Aussöhnung von Täter und Opfer führen. Unter Verzicht auf die Freiheitsstrafe wurden ferner Sanktionsformen geschaffen, die im italienischen Strafrechtssystem als Hauptstrafen bislang unbekannt waren.
Milde und Effektivität sind die tragenden Leitlinien all dieser Neuerungen. Es soll ein „leichteres“ Strafrecht geschaffen werden, das den großen Gegensatz zwischen den im italienischen Strafgesetzbuch angedrohten harten Strafen und ihrer keineswegs harten, unerträglich langsamen Anwendung überwindet. Gleichzeitig dient die neue Gerichtsbarkeit dazu, ein modernes Strafrechtssystem zu erproben. Der kritische Blick auf die italienischen Experimente kann auch für deutsche Reformüberlegungen interessante Anregungen geben.