Medizinische Universitätsklinik Greifswald – von Katsch bis zur Wiedervereinigung Deutschlands von Ewert,  Günter, Ewert,  Ralf

Medizinische Universitätsklinik Greifswald – von Katsch bis zur Wiedervereinigung Deutschlands

Innere Medizin an der Greifswalder Universität Heft 6, (2. Jg.) 2014

Als Gerhardt Katsch die Klinik 1958 an seinen Schüler Friedrich Müller übergab, begann eine schwierige Zeit. Sie war durch zwei Entwicklungen geprägt: Zum einen setzte in der Inneren Medizin ein sich ständig beschleunigender Differenzierungsprozess ein. Das führte dazu, dass neue Gebiete wie die Endokrinologie, Gastroenterologie, Nephrologie, Hämatologie, Onkologie und später auch die Kardiologie und Pulmologie sich als weitgehend eigenständige Gebiete herausschälten und Platz und Ressourcen beanspruchten. Zum anderen begann ab 1969 der Bau an vier Reaktorblöcken des Kernkraftwerkes in Lubmin. Dadurch wuchs die Bevölkerung in Greifswald beträchtlich an und neue Stadtteile entstanden. In diesem Zusammenhang stiegen auch die Anforderungen an die medizinische Versorgung. Da Greifswald über kein kommunales Krankenhaus verfügte, mussten die Universitätskliniken die erhöhten Anforderungen mit sicherstellen. Der daraufhin beschlossene Neubau eines Klinikums kam aber nicht so schnell voran, um noch vor der Wende versorgungswirksam zu werden. Die Konsequenz war, dass es auf dem Campus des Universitätskrankenhauses in der Altstadt zu immer erbitterteren Verteilungskämpfen um die vorhandenen Räume und Betten kam. Anbauten und Provisorien bestimmten das Bild auch in der Medizinischen Klinik. In der Not entstanden immer neue Szenarien, wie die Auslagerung der Medizinischen Fakultät in das neu erbaute Bezirkskrankenhaus Neubrandenburg oder die Umsiedlung einiger Kliniken in kommunale Krankenhäuser des Umlands. Das letzte Jahrzehnt des Bestehens der DDR war auch in Greifswald geprägt von dem Widerspruch zwischen den hochgesteckten Zielen, wie sie z. B. in der Forschung auf der Grundlage des Politbürobeschlusses von 1980 festgeschrieben waren, und den schwindenden Möglichkeiten der materiell-technischen, finanziellen und personellen Sicherstellung solcher Vorhaben. Erschwerend kam hinzu, dass wegen der oft desolaten Situation viele Ärzte resignierten und die DDR verließen. Anerkennung verdient, wie die Daheimgebliebenen sich aufopferungsvoll für ihre Patienten verwendeten und so für einen geordneten, wenn auch langwierigen Weg in die neuen Klinikstrukturen im wiedervereinten Deutschland sorgten.

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