Mein Wille soll dein Glaube sein
Emerenza Loheit, Daniella Perales-Serra, Tamara Pirschalawa
Von der Mutter abgelehnt, entwickelte Emerenza schon früh eine Strategie, von ihr nicht wahrgenommen zu werden. Verkriechen war sinnvoller, als sich den ständigen Anfeindungen auszusetzen. Sie wurde als Kind für den Tod ihrer Großmutter verantwortlich gemacht und konnte nicht aus dem Schatten des schönen und intelligenten Bruders heraustreten, den ihre Mutter nach seinem Tod zum Wunderkind verklärte.
Obwohl ihr Vater, ein konservativer Polizeibeamter, sie liebte, war er nicht in der Lage, Emerenza vor der Mutter zu schützen.
Als sie mit neun Jahren von ihrem sieben Jahre älteren Bruder sexuell missbraucht wurde, verlor sie ihren Glauben an den lieben Gott. Ihre verletzte kindliche Seele wurde kein guter Ratgeber für ihr zukünftiges Leben.
In der Pubertät verging sich auch Emerenzas ältester Bruder an ihr. Sie schwieg wie beim ersten Mal. Ihre schulischen Leistungen verschlechterten sich drastisch, und sie begann gegen alles zu rebellieren, was ihre Mutter von ihr erwartete.
Mit zwanzig Jahren wurde sie von einem selbstverliebten Gebrauchsgraphiker geschwängert und gebar eine Tochter. Wenige Jahre später erblickte ihr Sohn das Licht der Welt. Sein Vater war ein Parteifunktionär der KPD. Die Beziehung zu den Kindsvätern scheiterte. Emerenzas Wunsch nach einer kleinen Familie blieb unerfüllt.
Siebzehn Jahre „musste“ sie viele Frösche küssen und einige ehelichen. Weder der selbstverliebte Gebrauchsgraphiker noch der eiskalte Medizinstudent, auch nicht der fleißige Zuhälter, geschweige denn der kokainabhängige Koch sowie die neurotischen Lehrer und der esoterisch angehauchte Psychologe, wollten sich in Prinzen verwandeln.