Memoiren einer preußischen Königstochter.
Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth. Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Günter Berger.
Günter Berger
Die Memoiren Wilhelmines von Bayreuth erscheinen erst im Jahre 1810 – rund 50 Jahre nach ihrem Tod – nicht zufällig also zur Franzosenzeit, als Napoleon der preußischen Zensur den Arm abschneidet. Denn dieser in elegantem Französisch geschriebene Text der preußischen Prinzessin bietet ein grelles, abstoßendes Bild der Zeit Friedrich Wilhelms I., zeigt ihren Vater als prügelnden Wüterich, die Mutter Sophie Dorothea als ehrgeizige Intrigantin, entwirft vom ›Lieblingsbruder‹ Friedrich ein ambivalentes Porträt, das seine Verschlagenheit und Machtbesessenheit nicht ausspart. Darüber hinaus lässt die Erzählerin eine Galerie von Herrschaften auftreten, deren körperliche Defizite und charakterlichen Schwächen sie in ihrer unfreiwilligen Komik entlarvt. Kein Wunder, dass preußische Historiker des 19. Jahrhunderts die Einseitigkeit der Memoiren als Ausgeburt enttäuschter Heiratsambitionen denunzierten, ohne sich um das Spezifische der Gattung zu kümmern: dem Leser privilegierte Einblicke aus persönlicher hochadliger Perspektive in die Geheimnisse höfischen Lebens zu gewähren.
Mit dieser gründlich überarbeiteten Auflage der Memoiren wird erstmals der Kosmos der Markgräfin in seiner ganzen Personenvielfalt möglichst vollständig erschlossen.