Menschliche Nähe vs. professionelle Distanz?
Positive Nebenwirkungen beziehungsorientierter Unterstützung junger Krebserkrankter abseits psychotherapeutischer Interventionen
Jens Stäudle
Junge Menschen stehen mit der Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung vor endlosen Fragen, Herausforderungen und Ängsten. Freundeskreis, Familie und medizinisches System versuchen in dieser Situation den Bedürfnissen und Nöten der Betroffenen adäquat zu begegnen. Doch das Netz dieser Unterstützung ist nicht für alle Erkrankten tragfähig und gut gemeinte Angebote werden nicht von allen Betroffenen angenommen. Dabei scheint der Umgang mit Nähe und Distanz sowohl in der Konzeption von Unterstützungssystemen als auch im zwischenmenschlichen Kontakt von Helfenden und Hilfeempfangenden eine maßgebliche Rolle zu spielen, ob ein Angebot von Menschen genutzt wird, oder nicht. Die vorliegende Arbeit greift Argumente und Erkenntnisse unterschiedlicher Disziplinen im Umgang mit Nähe und Distanz in der Versorgung bedürftiger Menschen auf und wendet diese auf die Versorgungsstruktur junger Menschen mit Krebs an. Am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart wurde ein Modellprojekt „Diagnose Krebs – Mitten im Leben“ entwickelt, das psychosoziale Unterstützung vor diesem Hintergrund neu konzipiert. Die Auswertung der aktuellen Nutzerdaten und externe Evaluationen zeigen auf, welche Möglichkeiten und Grenzen in einem veränderten Umgang mit Nähe und Distanz im medizinischen Versorgungssystem liegen. Inzwischen wurde diese Arbeitsweise unter dem Namen LINA (Lebensweltorientiert – Integrativ – Nah – Aufsuchend) im Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart auch auf Menschen mit anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen ausgeweitet. Darüber hinaus hat der Krebsverband Baden-Württemberg e.V. die Arbeitsweise LINA in sein Unterstützungsangebot aufgenommen.
Weitere Informationen zu LINA werden unter lina-support.de publiziert.