Mit deutschem Blick. Israelkritische Berichterstattung über den Nahostkonflikt in der bundesrepublikanischen Qualitätspresse
Eine Inhaltsanalyse mit linguistischem Schwerpunkt von Frankfurter Allgemeine Zeitung und Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Die Welt und Welt am Sonntag, Nürnberger Nachrichten, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, Focus und Der Spiegel
Robert Beyer
Diese Studie greift die seit langem geführte Debatte um Ausmaß und Tendenzen israelkritischer Bericht¬er¬stattung in Deutschland auf und erörtert die Bedeutung kon¬so¬nant einseitiger Medienberichte in den wichtigsten deutschen Zeitungen und Nachrichtenmagazinen für die Realitäts¬kon¬struk¬tion der Re¬zipienten.
Analysiert wird die Nahostberichterstattung der deutschen Qua¬li¬täts-presse in einer weitgehend eskalationsfreien Phase des Nahostkonflikts während des Zeitraums vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. März 2010. Integriert in die Untersuchung von mehr als 700 Presseartikeln und die Einzelbeschreibung von 24 prototypischen Texten sind bisher häufig un¬be¬ach¬tete Mittel der sprach¬lichen Bewertung und Perspek¬ti-vierung. Deut¬lich wird, dass die Journalisten auch in Deeskala¬tions-pha¬sen un¬verändert an ihrer Gewaltorientierung, an den etablierten Be¬richt¬er¬stat¬tungsmustern und an der gän¬gigen Interpretation des Nah¬ostkonflikts festhalten. Die Israelis erscheinen als lösungsunwillige Aggressoren, die Palästinenser hingegen als zerstritten und weit¬gehend machtlose Opfer. Wie die emotionale Distanz zur israelischen Politik und deren Zu¬rück¬weisung verbal ausgedrückt und vielfach mit einer strikten Mono¬per¬spektive gekoppelt wird, verdeutlichen zahlreiche de¬tailliert analysierte Textstellen. Dabei wird auch kritisch erörtert, in welchem Ausmaß antisemitische Stereotype in die Berichterstattung einfließen.