Multiskalen-Kontaktmodellierung mit Berücksichtigung der Rauigkeit und fluiden Zwischenschichten am Beispiel des Rad-Schiene-Kontakts
Jan Neuhaus
Die im Rad-Schiene-Kontakt entstehenden Tangentialkräfte bestimmen Spurführung und Fahrdynamik. Die Kräfte entstehen auf mikroskopischer Ebene im Kontakt rauer Oberflächen, während Normaldruck und Schlupf die Tangentialspannungen auf der Millimeterskala bestimmen. Um den Kraftschluss physikalisch unter Berücksichtigung von Rauigkeit und fluiden Zwischenschichten zu modellieren, wird ein Multiskalenmodell entworfen.
Das Mikrokontaktmodell bildet den Kontakt rauer Oberflächen mit Hilfe einer dynamischen Simulation detailliert ab, um die von Rauigkeit und Normaldruck abhängigen nichtlinearen Kontaktsteifigkeiten sowie das freie Volumen zwischen den Rauigkeiten zu bestimmen. Das Rollkontaktmodell auf der Millimeterskala nutzt Kraft-Weg-Kurven aus dem Mikrokontaktmodell um die Haft-Gleit-Vorgänge im Rad-Schiene Kontakt elastomechanisch zu beschreiben. Das Modell bildet die Temperaturverteilung in der Kontaktzone und die Rückwirkung der Temperatur auf den Kraftschluss ebenfalls unter Berücksichtigung der Rauigkeit ab.
Auf Basis der Navier-Stokes-Gleichungen wird mit Hilfe von Ergebnissen des Mikrokontaktmodells ein Flüssigkeitsstrom durch den Kontakt unter Berücksichtigung der Elastohydrodynamik modelliert. Der Flüssigkeitsdruck trägt einen Teil der Normalkraft und reduziert darüber den Kraftschluss.
Die Vorhersagen des Modells werden mit einem Rollenprüfstand validiert. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung zwischen Messung und Rechnung für die Kraftschluss-Schlupf-Kurven sowie für die von der Geschwindigkeit abhängige Reduzierung des Kraftschlusses bei Flüssigkeiten im Kontakt. Die Ergebnisse der Arbeit gewähren neue Einblicke in die Physik des Rad-Schiene-Kontakts.