Natur im Bild
Zeichnung und Naturerkenntnis bei Conrad Gessner und Ulisse Aldrovandi
Angela Fischel
Die Naturphilosophen Conrad Gessner (1516–1565) und Ulisse Aldrovandi (1522–1605) trugen in Zürich und Bologna umfangreiche Sammlungen dokumentarischer Naturdarstellungen zusammen, heute ein reiches Forschungsfeld für Bildwissenschaftler. Die Sammlungen enthalten spektakuläre Zeichnungen, vor allem aber bieten sie uns Aufschluss über die Funktionen von Bildern in der Naturphilosophie, über Tradierungen und Erneuerungen von Naturbildern sowie über die Kommunikation von Beobachtungen um 1600. So gut wie unentdeckt lagern diese Schätze heute in Universitätsbibliotheken und Museen. Ihre Bedeutung für die Bildgeschichte ist jedoch kaum hoch genug anzusetzen: Denn dies sind die frühesten Zeugnisse, die Auskunft darüber geben können, wie Bilder von Naturphilosophen systematisch gesammelt und in die Erkundung der Natur eingebunden wurden. Sie konfrontieren den Betrachter mit den Problemen dieser Allianz von Bild und Wissenschaft. So vermitteln sie das Bild von einer Natur, die von Fabelwesen und Ausnahmegestalten bevölkert ist. Die Grenzen zwischen Fabel und Fakt sind hier kaum auszumachen. Es zeigt sich, dass genau dieses Problem auch die gegenwärtige Kunst- und Wissenschaftsgeschichte berührt: Es geht um den Konflikt zwischen dem Ideal vorurteilsloser Beobachtung und der Tatsache, dass Bilder stets mehr darstellen als nur die Dokumentationen einer Wahrnehmung.