Niederländische Exulanten im England des 16. und frühen 17. Jahrhunderts.
Raingard Esser
Die Integration von Immigranten und Minderheiten gehört zu den wichtigsten sozialen und politischen Aufgaben der westlichen Industriegesellschaften im ausgehenden 20. Jahrhundert. Daß diese Probleme nicht erst seit den letzten 100 Jahren existieren, beweist die Studie von Raingard Eßer, die sich mit der Einwanderung niederländischer Exulanten nach England in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts beschäftigt. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenleben von indigener Gesellschaft – in diesem Fall die Einwohner von Norwich, nach London die größte Stadt des Landes – und den Refugianten aus den damaligen spanischen Niederlanden, deren Anteil an der Stadtbevölkerung in den ersten Einwanderungsjahren auf beträchtliche 30 Prozent anstieg. Nachgezeichnet wird der Integrationsprozeß der Fremden in die neue Umgebung, der sich sowohl in Auseinandersetzung mit den Forderungen und Gegebenheiten der Gastgesellschaft als auch im Dialog mit den eigenen Landsleuten innerhalb und außerhalb des Exils vollzog. Auffallendstes Ergebnis dieses Prozesses ist der hohe Grad an kultureller und sozialer Identität, den die Niederländer bei gleichzeitig gelungener Eingliederung in das frühneuzeitliche Stadtgefüge ihres Refugiums bewahren konnten. In diesem Sinne leistet die Arbeit einen Beitrag, das Verhältnis zwischen »Fremden« und »Einheimischen« aus historischer Perspektive neu zu überdenken.