Ökologie und Energetik der Pfeifente (Anas penelope L. 1758) im schleswig-holsteinischen Wattenmeer
Hendrik Brunckhorst
Die Pfeifente ist im Herbst und Winter eine der zahlreichsten – und hübschesten – Vogelarten an der schleswig-holsteinischen Westküste. Im Gegensatz zu fast allen anderen Entenarten fressen sie wie Gänse überwiegend Gräser. Nur sehr wenige Vogelarten der Erde ernähren sich von so schwer verdaulicher Nahrung. Ihre Strategie heißt: „Viel fressen – schlecht verdauen“. Dies führt dazu, dass Pfeifenten täglich über 15 Stunden fressen müssen, länger als jede andere Vogelart der Welt. Pfeifenten könnten ihren Energiebedarf nicht decken, würden sie nur am Tage fressen. Sie sind daher nachtaktiv. Sie fressen sogar bevorzugt nachts, weil sie dann nicht in ständiger Lebensgefahr sind, die ihnen tagsüber vor allem durch Wanderfalken und Mantelmöwen droht. Die Landwirte der schleswig-holsteinischen Westküste ärgern sich über die abendlichen Flüge der Pfeifenenten ins Binnenland, wo die Tiere auf Winterweizen und -rapsfeldern massive Schäden verursachen. In den letzten Jahren sind derartige Schäden in großem Umfang aufgetreten. Der Pfeifente wurde dadurch große Popularität, wenn auch keine Beliebtheit zuteil. Die Dissertation von Hendrik Brunckhorst beschreibt die räumliche und zeitliche Verbreitung der Pfeifente und ihre Aktivitäten. Energetische Einnahmen und Ausgaben werden bilanziert. Die Berechnung von Energiebudgets und die Ergebnisse umfangreicher Beobachtungen entschlüsseln Zusammenhänge, die für das Verständnis der Ökologie dieser Art von grundlegender Bedeutung sind. Dadurch wurden z.B. die herausragende Bedeutung von Prädatoren (Räuber) und die physiologischen und ethologischen Anpassungen deutlich, die Pfeifenten im Laufe der Evolution entwickelten. Für Fachleute sind die mit modernen ökophysiologischen Methoden ermittelten energetischen Untersuchungen von besonderem Interesse. Die Arbeit ist aber auch Grundlage für eine fundierte Diskussion über die Problematik der Fraßschäden an der schleswig- holsteinischen Westküste. Sie zeigt, dass wissenschaftliche Grundlagenforschung unmittelbaren Anwendungsbezug haben kann.