Pfadabhängigkeiten in Agrarstrukturentwicklungen.
Begriff, Ursachen und Konsequenzen.
Alfons Balmann
Nach der bisher vorherrschenden Lehrmeinung führen die Kräfte des Marktes dazu, daß ein möglicherweise durch exogene Störungen verursachter Ungleichgewichtszustand als solcher nicht bestehen bleibt, sondern – u. U. erst nach längerer Zeit – auf ein eindeutiges Gleichgewicht zustrebt. Dies steht im Gegensatz zu dem häufig festgestellten Phänomen, daß der beobachtete Zustand eines Systems durchaus von dem bisher eingeschlagenen Weg abhängt. Wie kann sonst das Fortbestehen der QWERT-Tastatur auf dem PC oder der starken räumlichen Konzentration bestimmter Branchen erklärt werden? Seit Mitte der 80er Jahre hat das Konzept der Pfadabhängigkeit zur Erklärung derartiger und weiterer Phänomene zunehmende Beachtung gefunden.
Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, mittels theoretischer Überlegungen und Simulationsrechnungen die Frage zu beantworten, ob auch Agrarstrukturentwicklungen pfadabhängig sein können, eine Frage, deren Klärung angesichts der Auflösung der sozialistischen Systeme auch von eminent praktischer Bedeutung ist. Der Autor untersucht das Konzept der Pfadabhängigkeit auf theoretischem Gebiet und setzt es in Beziehung zur deterministischen Systemtheorie. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet ein umfangreiches Simulationsmodell, das die einzelbetriebliche Optimierung und die Interaktionen der Unternehmen auf regionalen Faktormärkten einbezieht. Mit Hilfe dieses Modells können Pfadabhängigkeiten bestätigt und einige der diese beeinflussenden Faktoren isoliert werden.