Poetik des Rituals
Konstruktion und Funktion politischen Handelns in mittelalterlicher Literatur
Gerd Althoff, Corinna Dörrich, Barbara Stollberg-Rilinger, Horst Wenzel
Rituale sind ein wesentlicher Teil symbolischer Kommunikation im Mittelalter – dies hat nicht nur die Geschichtswissenschaft erkannt, die den Stellenwert von Ritualen im politischen Leben untersucht, sondern auch die Literaturwissenschaft, die der Bedeutung von geschilderten politischen Ritualen für das Verständnis literarischer Texte nachgeht.
Corinna Dörrich zeichnet im ersten Teil ihrer Studie anhand historiographischer und literarischer Texte eine ›kulturelle Poetik‹ des Rituals nach. Im zweiten Teil untersucht sie Rituale unter der Perspektive einer im engeren Sinne literarischen Poetik. Sie zeigt, wie Rituale in literarischen Texten nicht nur von historischen ›Spielregeln‹ des Verhaltens gesteuert, sondern auch für das Erzählen selbst funktionalisiert werden. Sie plädiert für eine Lesart von Ritualen, in der Regeln politischen Verhaltens und Regeln des Erzählens gleichermaßen berücksichtigt und gerade in ihrer Wechselwirkung beschrieben werden. Sie gewinnt so den Texten sowohl in historischer als auch in literaturwissenschaftlicher Hinsicht neue Perspektiven für das Verständnis mittelalterlicher Gesellschaft und Kommunikation ab.