Poetisches Denken und die Frage nach dem Menschen
Grundzüge einer poetologischen Anthropologie
Marko Pajević
„Poetisches Denken“ verweist auf die transformierende Kraft im Wechselverhältnis von Sprachform und Lebensform. Diese wirkt, wenn ein Subjekt sich konstituiert im kreativen Sprechen, also auf dialogische Weise, welches zugleich die Weisen verändert, wie gefühlt, gedacht, verstanden wird, kurz: wie die Welt erscheint. Ein solches Denken tritt nur selten auf, aber wenn, dann transformiert es den Bezug zwischen Subjekt und Welt, in der Subjektivation der Welt. Poetisches Denken nimmt also eine konstitutive Rolle im Entstehungsprozess von Bedeutung ein: es hat sinnkonstituierende Kraft. Denkmodelle poetischen Denkens werden in diesem Buch skizziert, indem im Ausgang von Theorien Sloterdijks und Agambens der dominanten Technik-Anthropologie ein Leibdenken entgegengehalten wird. Auf dieser Grundlage wird dann die Tradition des Sprachdenkens und dessen Poetik dargelegt und gegen das Zeichendenken angeführt. Dies wird ausgebaut mit Hilfe des dialogischen Denkens. Schließlich wird der Begriff des poetischen Denkens am Beispiel von Paul Celan (Poetik der Transformation), Peter Handke (Poetik der Wahrnehmung), Michael Donhauser (Poetik des Benennens ) und Werner Herzog (Poetik des Herausstehens) weiter konturiert.