Politisierte Ethnizität und Konflikte in Afrika am Beispiel Ruandas und der Demokratischen Republik Kongo
Hadj Malick Sy El Konare
Afrika südlich der Sahara ist vor allem seit dem Ende des „kalten Krieges“ durch eine steigende Anzahl von Konflikten geplagt, die sich zwar hauptsächlich innerhalb einer begrenzten territorialen Einheit abspielen und somit innerstaatlicher Natur sind, jedoch meist eine äussert negative regional destabilisierende Wirkung haben. Diese Konflikte werden in den westlichen Medien meist als Stammes- bzw. ethnische Konflikte bezeichnet. Diese vereinfachte Darstellung blendet viele Faktoren aus, die eine entscheidende Rolle für den Ausbruch solcher Konflikte spielen. So entwickelt sich beispielsweise durch die ungerechte Verteilung der vorhandenen Ressourcen und Machtpositionen, von Zugangschancen zu Bildung, Berufen und attraktiven sozialen Positionen, die in den meisten Fällen auf traditionellen clanmässigen bzw. ethnischen Konstellationen basieren, eine tiefe Kluft zwischen der von der politischen und ökonomischen Teilhabe ausgegrenzten Mehrheit der Bevölkerung und einer korrupten machthabenden Elite. Diese Strukturen der sozialen Ungleichheit sind in vielen Ländern Afrikas insbesondere aufgrund ihrer Verknüpfung mit ethnisch definierten Zugehörigkeiten dauerhafte explosive Phänomene. Diese defizitären Strukturen, die Johan Galtung (1969) „strukturelle Gewalt“ nennt, erzeugen Frustrations- und Diskriminierungsgefühle, die leicht ethnisch manipulierbar sind. Doch die Tatsache, dass sich Konflikte auf ethnische oder auch religiöse Konstellationen beziehen, ist nicht der Ausgangspunkt, sondern das Resultat der Instrumentalisierung, beziehungsweise der Politisierung der Ethnizität oder auch der Religion für andere Zwecke, die als eigentliche Ursachen und Triebkräfte identifiziert werden müssen. Das Ziel des Verfassers ist es, eine Analyse der Ursachen von innerstaatlichen Konflikten im subsaharischen Afrika zu unternehmen und einen Lösungsvorschlag für deren Vermeidung bzw. für die Bändigung der negativen Konfliktpotentiale zu entwerfen. Dabei soll die zentrale These überprüft werden, dass ethnische Unterschiede allein keine gewalttätigen Konflikte produzieren, jedoch als Katalysator oder Verstärker von Konflikten dienen. Eine Beendigung solcher Konflikte und die Überwindung der Traumata durch die jahrzehntelange Gewaltererfahrungen sind wohl nur durch einen von der betroffenen Bevölkerung getragenen wirkungsorientierten Ansatz und gewaltfreie Methoden der Konflikttransformation möglich. Festzustellen ist, dass die Erfolge der militärisch orientierten UN-Friedensmissionen bisher eher bescheiden geblieben sind. Gerade im Osten der Demokratischen Republik Kongo finden nach wie vor trotz der massiven Präsenz der bisher grössten UN-Mission (MONUSCO – Mission de l’Organisation des Nations Unies pour la Stabilisation en R©publique D©mocratique du Congo) anhaltende gewalttätige Auseinandersetzungen statt. Vor diesem Hintergrund sollten alternative Ansätze zur Konflikttransformation ergriffen werden. Im letzten Teil der Studie wird aus diesem Grunde eine gewaltfreie Konzeption der Konflikttransformation entworfen, bei der ein „Bottom Up“-Ansatz und die Einrichtung von „Friedensoasen“ in den Mittelpunkt gestellt werden.