Popmusikliteratur
Cornelia Ortlieb
Popmusik und Literatur sind spätestens seit den 1980er-Jahren untrennbar verbunden: Zitate aus Popsongs durchziehen Romanhandlungen, Musiker schreiben über ihr Leben auf und hinter der Bühne, in Erinnerungstexten verbinden sich historische Ereignisse und Umbrüche mit Musik als Zeichensystem. Popmusikzitate erhalten so in Erzähltexten der Gegenwart eine Fülle von Funktionen, die in diesem Buch erstmals differenziert analysiert werden. Sie modellieren etwa die Darstellung von Personen, geben erzählten Geschehnissen einen überprüfbaren historischen Index und kommentieren Haltungen, Einstellungen und Gefühle fiktiver wie fiktionalisierter Figuren, explizit auch in der Markierung und Verhandlung von Geschlechterrollen und Identitätskonstruktionen.
In welchem Ausmaß die neuere Literatur Themen, Motive und Erzählformen der anglo-amerikanisch geprägten Popmusik aufnimmt und variiert, zeigt die Untersuchung an Texten von Nick Hornby, Karen Duve, Alexander Osang, Lüül, Heinz Strunk, Rocko Schamoni, Nagel, Alex Kapranos, Blixa Bargeld, Friedrich Christian Delius, Leander Scholz, Thilo Bock, Udo Lindenberg, Thomas Brussig und Rainald Goetz in je unterschiedlichen Kontexten. Dazu gehören etwa das Verhältnis von autobiographischem Erzählen und Zeitgeschichte, Liste und Chronik als Modi des Schreibens über Popmusik und die Fiktionalisierung historischer Ereignisse in RAF-Romanen und ›Wende‹-Erzählungen, mit einem Ausblick zur Berliner Loveparade und Techno als Literatur.