Prekäre Passagen
Medien und Praktiken der Migration
Sarah Sander
Was verbindet das Migrationsgeschehen vor 100 Jahren mit den aktuellen Diskursen zum Thema? Sarah Sanders ausgezeichnete medienkulturwissenschaftliche Studie über prekarisierte Passagiere und »Prekäre Passagen« zwischen Europa und den USA um 1900 geht der Frage nach den medialen und materiellen Bedingungen der Migration zwischen Troppau, Hamburg, Ellis Island und New York nach. Mit diesen Stationen folgt sie der Hauptmigrationsroute der vorvergangenen Jahrhundertwende, um diejenigen Medien und Praktiken der Aus- und Einwanderung zu beleuchten, die Migration als kulturelles Phänomen (vor)strukturieren. Sie betrachtet dazu die Riten der Passage von der Passagierliste, dem Schiff als schwimmender Stadt bis hin zur Rezeption in Cartoons und anderen Bildmedien. Die zentrale Frage nach der ›Verfassung‹ moderner Subjekte im Transit wird dabei nicht nur über eine Rekonstruktion der gouvernementalen und biopolitischen Kontrollen angegangen, sondern auch mit Blick auf die Schleichwege, Umnutzungen und »Schlemihlereien« derjenigen Passagiere, die nur mit Glück (oder dem Pass einer anderen Person) in den USA ankamen. Vor diesem geschichtlichen Tableau zieht Sander Parallelen zur Gegenwart. Ihr Anliegen ist es, die Bedeutung historisch-genealogischer Forschungen für eine fundierte Gegenwartsanalyse und -kritik aufzuzeigen. Im Fluchtpunkt der historischen Analyse von Migrationsbedingungen zwischen Europa und den USA steht immer auch die heutige Geschichte und Situation der Migration – mithin eine aktuelle, sehr gut lesbare und lebendige Kulturgeschichte des Transits.