Profile der Neueinwanderung 2018 – Spezifische Herausforderungen der Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen
Erweiterte und überarbeitete Neuauflage der Ausgabe 2017
Christian Pfeffer-Hoffmann
Im Kontext der Fluchtmigration der letzten Jahre bestimmten v. a. junge, alleinstehende Männer die öffentliche Wahrnehmung. Frauen spielten hierbei, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle – und das obwohl rund 45 % der Geflüchteten in Europa Frauen sind (Liebig 2018: 7) und in Deutschland seit 2015 insgesamt über 450.000 Frauen einen Asylerstantrag gestellt haben (IQ 2018). In Bezug auf das Thema Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten bestätigt sich dieses Bild. So sind geflüchtete Frauen, wie auch oftmals in ihren Herkunftsländern, seltener erwerbstätig als Männer. Auch nehmen sie seltener an Fördermaßnahmen, u. a. der Bundesagentur für Arbeit, teil (DGB Bundesvorstand 2017: 5). Von Seiten der relevanten Akteure aus Politik und Wirtschaft werden sie kaum als Zielgruppe wahrgenommen. Begründet wird dies vorrangig damit, dass Frauen, insbesondere, wenn sie kleine Kinder haben und in tradierten Familienstrukturen leben, sehr schwer zu erreichen sind.
Zusätzlich zur mangelnden Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist davon auszugehen, dass geflüchtete Frauen hinsichtlich einer gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsmarkt mit weiteren (spezifischen) Herausforderungen konfrontiert sind.
Um den Fokus der Arbeitsmarktintegrationsdebatte verstärkt auf weibliche Geflüchtete zu lenken, lud die IQ Fachstelle Einwanderung am 26. April 2017 zu ihrem 4. Fachforum „Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten – spezifische Herausforderungen für Frauen?“ ein. Akteure aus Wissenschaft, Politik und Praxis diskutierten darüber, welche Strategien und Ansätze geeignet sind, um die Situation geflüchteter Frauen in Bezug auf eine selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsmarkt und damit auf eine gesamtgesellschaftliche Teilhabe zu verbessern.
Dabei standen u. a. folgende Fragen im Vordergrund:
– Welche (beruflichen) Qualifikationen und Kompetenzen bringen geflüchtete Frauen mit?
– Inwiefern werden diese auf dem hiesigen Arbeitsmarkt anerkannt und berücksichtigt?
– Welche Wünsche und Vorstellungen haben geflüchtete Frauen bezüglich ihrer beruflichen Zukunft?
– Welche Hürden müssen sie überwinden, um diese zu verwirklichen?
In der Regel bleibt die Heterogenität der Zielgruppe in Wissenschaft und Praxis unberücksichtigt. Häufig wird von DEN geflüchteten Frauen gesprochen, obgleich es sich um Frauen aus verschiedenen Herkunftsländern handelt, mit verschiedenen Biografien und damit verbundenen unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in Bezug auf die Arbeitsmarktintegration (Bildungshintergründe, berufliche Qualifikationen, familiäre Situationen etc.). Bei der Bewertung ihrer Situation ist auch die bedingte Aussagekraft der bislang vorliegenden offiziellen Statistiken zu beachten, da sie sich oftmals auf verschiedene Grundmengen (u. a. Einreisezeiträume oder Herkunftsstaaten) beziehen. Hinzu kommt, dass in den bisherigen Untersuchungen immer nur eine im Vergleich zur Gesamtgruppe der geflüchteten Frauen geringe Anzahl von Personen befragt wurde, sodass die Ergebnisse jeweils nur bedingt Rückschlüsse auf die Gesamtgruppe zulassen.
Laut einer Studie des BAMF-Forschungsbereichs kommt mehr als die Hälfte der Frauen, die zwischen 2012 und 2016 nach Deutschland geflüchtet sind, aus Syrien, Afghanistan und dem Irak (Worbs & Baraulina 2017: 3). Ein großer Anteil von ihnen ist jünger als 16 Jahre. In 2016 traf dies auf 39,8 % der Asylbewerberinnen zu, in 2017 auf 47,2 %, in der ersten acht Monaten in 2018 sogar auf 48,5 %.