Programmquoten für Musik im Hörfunk
Der Gesetzgeber im Spannungsfeld zwischen Kulturauftrag und Rundfunkfreiheit
Pascal Decker
Eine Quote für Musik aus Deutschland? Kaum ein medienpolitisches Thema war in den vergangenen Jahren so emotional besetzt und wurde derart kontrovers diskutiert wie die Frage, ob der öffentlich-rechtliche und der private Hörfunk durch gesetzliche Quoten dazu verpflichtet werden können, die deutsche bzw. deutschsprachige
Musikproduktion angemessen zu berücksichtigen. Letztes Ergebnis dieser Diskussion war, dass der Deutsche Bundestag sich Ende 2004 für eine Selbstverpflichtung der öffentlich-rechtlichen wie der privaten Rundfunkveranstalter aussprach, der zufolge an-
nähernd 35 Prozent der gespielten Musik ‚deutschsprachig bzw. in Deutschland produzierte Pop- und Rockmusik‘ sein solle, ‚wobei zur Hälfte Neuerscheinungen deutschsprachiger bzw. in Deutschland produzierender Nachwuchskünstler zu berücksichtigen‘ seien. Mit dieser unverbindlichen Empfehlung des Deutschen Bundestages ist die Diskussion um eine Quotierung keineswegs abgeschlossen.
Vielmehr ist zu erwarten, dass mangels verbindlicher Folgenwirkungen der Druck auf die Politik, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wieder zunehmen wird.
Die vorliegende Studie geht von diesem Hintergrund der Frage nach, inwieweit das Schutzinstrument einer gesetzlich verbindlichen Quotierung zugunsten der Produktion von Musik in deutscher Sprache mit dem Verfassungsrecht, dem Gemeinschaftsrecht sowie dem Welthandelsrecht vereinbar ist. Der Autor geht dabei differenziert auf die Unterschiede zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Rahmen seines Funktionsauftrages und dem privaten Hörfunk ein. Er stützt sich bei seiner rechtlichen Analyse insbesondere auf die Auswertung einer umfassenden Medienanalyse, die in den Jahren 2001/2002 im Auftrag des Staatsministers für Kultur und Medien durchgeführt wurde und die erstmals eine tiefer gehende empirische Grundlage zur Beurteilung der Situation deutscher Musik im Hörfunk bietet.