Razón y sentido
Aufsätze zur symbolischen Hermeneutik der Kultur
Astrid Melzer-Titel, Andrés Ortiz-Osés, Ibon Zubiaur
Das Anliegen, eine Verbindung von ratio und sensus zu schaffen, ist in der Philosophiegeschichte Spaniens immer wieder vernehmbar gewesen. Dieser Ratiosensismus kann als traditioneller Sinn (in) der spanischen Philosophie gefasst werden, als genuin spanisch-mediterrane Weltanschauung, die dem klassischen mitteleuropäischen Logos-Sein Wege aus seiner derzeitigen Krise aufzeigen könnte.
Andrés Ortiz-Osés, Verfasser der hier in Auszügen präsentierten Schriften, hat an der Universität in Innsbruck mit einer Arbeit über den Korrelationismus von Ángel Amor Ruibal und die Heideggersche Schule promoviert, lehrte dann an den Universitäten von Saragossa und Salamanca und ist seit 1983 Lehrstuhlinhaber für Hermeneutik an der Universität Deusto (Bilbao). Zusammengearbeitet hat er u.a. mit E. Bornemann, Franz K. Mayr, Mircea Eliade und Gilbert Durand. Im Hinblick auf seine philosophische Position vertritt Ortiz-Osés eine symbolische Hermeneutik des Sinns als Koimplikation, einen „symbolischen Implikationismus“. Andererseits hat er die von ihm konzipierte symbolische Hermeneutik auf Kulturmythologien, z.B. die baskische, angewandt. Sprache und Kultur, insbesondere in der Verbindung von Kunst und Religion, gelten ihm als grundlegende Bestandteile seiner anthropologisch-kulturellen Konzeption von Sinn. Carl Gustav Jung und Hans-Georg Gadamer waren es, dessen Werke Ortiz-Osés zu einer schöpferischen Synthese zwischen der von Gadamer repräsentierten Heideggerschen Hermeneutik der Sprache und dem Symbolismus Jung’s anregten. Eines seiner bedeutendsten Werke ist das Diccionario de Hermenéutica (Wörterbuch der Hermeneutik, Bilbao 2004), in dem er die Hermeneutik der Heideggerschen Schule und die Symbologie der Jungschen Schule im hispanischen Kontext (José Luis Aranguren, Raimund Panikkar, Eugenio Trías, Enrique Dussel) vereinigt hat. Von seinen neueren Arbeiten seien De lo humano, lo divino y lo vasco (Vom Menschlichen, Göttlichen und Baskischen, 1998), La razón afectiva (Die affektive Vernunft, 2000), El alma de los cosas (Die Seele der Dinge, 2001) und Amor y sentido (Die Liebe und der Sinn, 2003) genannt.
Ibon Zubiaur lernte Andrés Ortiz-Osés an der Universität Deusto kennen und promovierte dort bei Patxi Lanceros. Ihm, als Übersetzer der hier vorliegenden Auszüge aus den Werken Ortiz-Osés‘, ist es zu verdanken, dass dem deutschen Publikum nun ein Ausschnitt aus der Vielfalt der Arbeiten des baskischen Philosophieprofessors zugänglich gemacht werden kann. Er trägt dazu bei, dem hierzulande anzutreffenden eher geringschätzigen Urteil über die Philosophie in Spanien entgegenzutreten und ihr mit einer neuen Aufmerksamkeit zu begegnen.