Rechts gegen Links
Mechterstädt als Symbol
Bruno W Reimann
Diese Studie steht im Zusammenhang des Ausstellungsprojektes „Das Massaker von Mechterstädt 1920“. In dieser Ausstellung werden auf 28 Tafeln die Mechterstädter Vorgänge in ihrem politischen Kontext so dargestellt, daß ein Überblick über den Gesamtvorgang möglich ist. Ministerpräsident Ramelow hatte für die Ausstellung die Schirmherrschaft übernommen und diese, als sie in Mechterstädt, am historischen Ort, gezeigt wurde, selbst eröffnet. Die Ausstellung war 2016 in Gotha, Eisenach, Mechterstädt, Gießen und 2017 in Marburg und Weimar zu sehen. 2016 ist im Eckhaus Verlag Weimar ein Katalog mit dem Titel der Ausstellung erschienen.
Die Studie stellt die Morde an den fünfzehn Arbeitern in Mechterstädt in einen Zusammenhang, den sie als zentral für diese Geschichte erachtet: die politisch-militärischen Auseinandersetzungen zwischen Rechts und Links nach dem Kapp-Putsch 1920 in Thüringen und speziell in Gotha, zwischen rechter Mehrheitssozialdemokratie, die sich der Reichswehr bediente, und linker Arbeiteropposition. Der Kapp-Putsch führte in Thüringen wie auch im Ruhrgebiet vom Arbeiterwiderstand in den „bewaffneten Arbeiteraufstand“ (Lucas), in eine revolutionäre Arbeiterbewegung, welche mehr wollte als das, was in der Novemberrevolution erreicht worden war.
Die Morde in Mechterstädt sind in Thüringen der Höhe- und Schlußpunkt dieser Konfrontation von rechts und links. „Mechterstädt“ wurde zu einem schrecklichen Symbol dieser Konfrontation, einem Symbol der Rechten, die kurzen Prozeß machte. Es sollte ein Exempel statuiert werden.
Bei all dem spielte es keine Rolle, ob die fünfzehn erschossenen Arbeiter aktiv in Arbeiteraufstände verwickelt waren oder ‚nur’ im Widerstand gegen Kapp-Putschisten Bauern, die der Einwohnerwehr angehörten, die Gewehre abnahmen. In den Augen der studentischen Soldateska, die von der Reichswehr rekrutiert worden war, waren es „Rote“, „Bolschewiken“; sie standen insofern für die revolutionäre Arbeiterbewegung und fungierten als deren Platzhalter. Auch wenn in Mechterstädt und anderswo die vordem in weiten Teilen hochverräterische Reichswehr die Arbeit erledigte, stand dahinter doch der politische Wille der Mehrheitssozialdemokratie, sich mittels militärischer Gewalt der linken Arbeiteropposition zu entledigen.
Die Studie macht diesen Grundkonflikt in seinen konkreten Dimensionen, bezogen auf die konkreten Orte (Marburg, Weimar, Gotha) und die sozialen Bereiche (Reichswehr, Studenten, Zeitfreiwillige) sichtbar und kann zeigen, daß es sich bei den Mechterstädter Morden nicht um einen zufälligen, sondern einen geplanten Akt handelte.