Rechtsweggarantie, Rechtsschutzanspruch und richterliche Prozessleitung im Verwaltungsprozess von Harries-Lehmann,  Detlef

Rechtsweggarantie, Rechtsschutzanspruch und richterliche Prozessleitung im Verwaltungsprozess

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit leidet seit Jahren unter erheblichen Überlastungen, die sich insbesondere in dem Problem (zu) langer Verfahrensdauern manifestieren. Diese Situation hat in den vergangenen Jahren zu einschneidenden Reformen des Prozessrechts geführt (z.B. Einzelrichterregelung u. Zulassungsberufung), wobei die Judikative von den gesetzlichen Rechtsschutzreduktionen zunehmend extensiven Gebrauch macht. In Teilen des Schrifttums haben einzelne der zu verzeichnenden Entlastungstendenzen die Besorgnis einer unterhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben sinkenden Rechtsschutzqualität hervorgerufen; teilweise wurde auch bereits von der Einführung eines „kurzen Prozesses“ gesprochen. Diese Besorgnis bildet den Anknüpfungspunkt der Studie, die insbesondere aufzeigen soll, wo Rechtsschutzreduktionen eine Unterschreitung der insbesondere qualitativen Anforderungen, die trotz aller noch so sehr gebotenen Entlastungsbemühungen nicht außer Acht gelassen werden dürfen, an die staatliche Rechtsschutzgewährung begründen können. Den primären Maßstab der verfassungsrechtlichen Beurteilung bildet Art. 19 IV GG. Der Entwicklungsstand und Inhalt dieser Norm sind gegenwärtig mit vielen Unklarheiten behaftet, denen der 2. Teil dieser Arbeit eingehend nachgeht. Im Rahmen der sehr differenzierten Offenlegung des aktuellen Entwicklungsstandes des Art. 19 IV GG wird neben der Darstellung der sowohl zeitlichen als auch qualitativen Rechtsschutzkomponente und dem insoweit bestehenden Spannungsverhältnis zwischen einer schnellen und/oder gründlichen Entscheidung u.a. insbesondere auch dem Einfluss des Europarechts auf die inhaltlichen Vorgaben des Art. 19 IV GG nachgegangen. Weiter wird des Weiteren aufgezeigt, dass Art. 19 IV zwar verfassungsimmanenten Schranken unterliegt (sog. Ausgewogenheit des Rechtsschutzes), zu denen aber gerade nicht die praktisch sehr bedeutsamen knappen bzw. gar fehlenden finanziellen Mittel des Staates zählen. In bewusster Abgrenzung zu bisherigen Abhandlungen münden die Ausführungen des 2. Teils in eine Katalogisierung der Vorgaben des Art. 19 IV GG anhand der drei Staatsgewalten, um eine möglichst präzise Subsumtionsgrundlage zu erhalten. Im dritten und letzten Teil der Arbeit werden auf der Grundlage der im zweiten Teil gewonnenen überwiegend abstrakten Ergebnisse einzelne Rechtsschutzreduktionen einer konkreten Überprüfung unterzogen, wobei besondere Berücksichtigung dem Gebot zur Angemessenheit des Rechtsschutzes zukommt. Geprüft wird etwa die Rechtsschutzgewährung aufgrund der Einzelrichterregeln sowie der Vorschriften über die Zulassungsberufung. Weitere Prüfungspunkte bilden dann u.a. die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, das aktive richterliche Hinwirken auf Prozessvergleiche sowie die Praxis, mündliche Verhandlungen anhand bereits abgefasster Urteilsentwürfe durchzuführen.

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