Rose Ausländer: Christian Morgenstern-Translations
Kommentiert und herausgegeben von Martin A. Hainz
Martin A. Hainz
Rose Ausländer (1901-88) ist eine der wichtigsten Dichterinnen des 20. Jahrhunderts, sie verlieh ihrer Zeit eine unverwechselbare wie unbestechliche Stimme. Man müsste sogar sagen: Sie verlieh ihrer Zeit viele Stimmen, nämlich einerseits in vielen Entwürfen dessen, was man lyrisches Ich nennt, andererseits aber auch in vielen Sprachen, aus denen sie übersetzte, in die sie aber auch übertrug. Vielstimmigkeit bezieht sich in ihrem Fall also nicht nur auf das berühmte Czernowitz in der mythenumwobenen Bukowina, sondern auch ihre Jahre in den USA: Jahre, deren Bedeutung die Dichterin aus biographischen Gründen lange herunterspielte – doch durch das amerikanische Englisch der Dichtungen von Marianne Moore wie auch E.E. Cummings lernte sie die Moderne nicht zuletzt kennen. Sie fand hier ihren eigenen Ton, in Poemen, die dort eine neue Experimentierfreude zeigen, wo sich die Dichterin zuvor an Traditionen abarbeitete. Es geschah zu dieser Zeit, dass sie auch Christian Morgenstern übertrug, in ihr eigenes, spannungsreiches Englisch, worin sie freier war, als sie es zu jener Zeit in der „Mutter- und Mördersprache“ Deutsch hätte sein können. Das Konvolut, das wie ihr Nachlass in Helmut Braun schließlich einen gewissenhaften Verwalter fand, ist nun – nicht zuletzt dank ihm – ediert, es wird hier erstmals (mit einem Kommentar versehen und in historisch-kritischer Weise aufgearbeitet) vorgestellt, unter Berücksichtung der aller Fassungen der einzelnen Texte, die teils zudem auch als Faksimile präsentiert werden. Eine wesentliche Lücke im Schaffen der großen Lyrikerin ist damit geschlossen, man wird wesentliche Aspekte dieser Dichtung hier neu kennenlernen.