San Salvatore in Spoleto
Studien zur spätantiken und frühmittelalterlichen Architektur Italiens
Carola Jäggi
Kunstwerke ohne eigentliche Parallelen, Vorläufer oder Nachfolger haben die kunsthistorische Forschung immer ganz besonders irritiert. Im Falle von S. Salvatore in Spoleto hat die Unmöglichkeit, den Bau innerhalb der bekannten Typologien und Entwicklungsreihen zu verankern, zu einer geradezu absurd erscheinenden Bandbreite von Datierungsansätzen vom frühen 4. bis 12. Jahrhundert geführt. Eine wichtige Rolle spielt in dieser Hinsicht die Bauskulptur, die paradoxerweise durch ihre hohe künstlerische Qualität nach gängiger Auffassung eine Datierung in die frühe Kaiserzeit nahelegt, ihre teilweise eindeutig christliche Motivik aber eine Entstehung vor dem Toleranzedikt von 313 verbietet. Wie ist dieses Phänomen zu erklären? In welche „Renaissance“ klassischer Formen ist dieses Monument anzuordnen? Antworten auf diese Frage können nur auf der Basis einer soliden Bauanalyse mit Restaurierungsgeschichte gegeben werden, die in diesem Band vorgenommen wird.Der Blick auf die Sakraltopographie in Spoleto in dem zur Debatte stehenden Zeitraum soll den lokalen bauhistorischen Kontext erhellen. Schließlich wird S. Salvatore mit italienischen Bauten des 6. bis 8. Jahrhunderts konfrontiert, deren äußere Gestalt zwar keineswegs mit derjenigen der Kirche S. Salvatore in Deckung zu bringen ist, die aber in der spezifischen Rezeption älterer Architektur- und Dekorationsformen sowie der Präsenz östlichen Formenguts zumindest auf einer strukturellen Ebene Parallelen zu dieser aufweist.