Schräge Töne
Jazz- und Unterhaltungsmusik in der Kultur der Weimarer Republik
Cornelius Partsch
Die schrägen Töne, die nach dem ersten Weltkrieg erstmals von ungestümen Jazzbands und Radaukapellen in Deutschland vorgetragen werden, faszinierten die Zeitgenossen. Schnell durchdrang der Jazz die eingesessene deutsche Hochkultur: Er signalisierte Befreiung, Lockerung, Vielstimmigkeit, Moderne, Sinnlichkeit, Vitalität und eine zugleich bedrohliche und attraktive Andersartigkeit. Ebenso spielt er eine herausragende Rolle in den Debatten über die Auswirkungen der technischen Reproduzierbarkeit von Musik und über die Gefahren der modernen Massenkultur, die insbesondere in den kritischen Befunden Kracauers und Adornos als Faktoren faschistischer Denk- und Machtstrukturen problematisiert werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den spezifischen narrativen Fassungen der Aspekte der Jazzmusik, wie etwa Synkopierung und Improvisation, die zur Artikulation der genannten außermusikalischen Zwecke in Dienst genommen werden. Sie unternimmt darüber hinaus eine Lektüre der verschiedenartigen Aneignung und Verwendung von Jazzelementen in der modernen Kunst, der avantgardistischen Antikunst, der neusachlichen Gebrauchskunst und der revolutionären Kampfmusik.