Selbstermittlung oder ausländische Auskunft unter dem europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen.
Dirk Schellack
Der Autor befaßt sich mit den Grundfragen der Ermittlung ausländischen Rechts. Aus der Perspektive der Rechtsvergleichung wird die Praktikabilität der ausländischen Auskunft nach dem Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen untersucht und einer selbständigen Ermittlung gegenübergestellt. Der eröffnende Rechtsvergleich offenbart, daß die begriffsjuristische Zuordnung ausländischen Rechts als Tatsache oder Recht ungeeignet ist, die prozessuale Behandlung näher zu begründen. Trotz der ungenauen Formulierung und der systematischen Stellung des § 293 ZPO wird im folgenden deutlich, daß die Ermittlung ausländischen Rechts Aufgabe des deutschen Gerichts ist, der es sich von Amts wegen zu unterziehen hat. Das Spannungsverhältnis zwischen dem förmlichen Beweisverfahren und formlosen Ermittlungen wird zugunsten des Auswahlermessens des Gerichts aufgelöst. Das Rechtsauskunftsübereinkommen bietet sich bei Einzelfragen an, die aus dem Sachverhalt gelöst und abstrakt beantwortet werden können. Die Verwertbarkeit der Auskünfte hängt maßgeblich von der Fragestellung sowie Übersetzungsqualität ab und bestätigt die beim Rechtsvergleich aufgezeigte Zurückhaltung im Umgang mit dem Übereinkommen. Die gerichtsinterne Erkenntniserlangung als unmittelbarer Ausdruck der Amtsermittlung verlangt grundsätzlich nach einer Vorkenntnis, die zugleich Konzentrationsmaßnahmen bedingt. Abhängig vom Zugang ist die Beteiligung der Parteien als Mitwirkungspflicht ausgestaltet. Da die Grenzen zwischen revisiblem Verfahrensverstoß und irrevisiblem Rechtsanwendungsfehler fließend sind, werden die Parteien aufgefordert, ausführlich zum Auslandsrecht Stellung zu nehmen, um sich die Möglichkeit der Revision zu erhalten. Den Folgen der Nichtermittelbarkeit vorangestellt ist die Befürwortung der Gesetzesanalogie, während eine weitergehende Rechtsfortbildung sowie relative Nichtermittelbarkeit abgelehnt werden. Auf der Rechtsfolgenseite wird eine differenzierte Lösung angeboten, wobei eine kollisionsrechtliche Hilfsanknüpfung dem vorzeitigen Rückgriff auf die lex fori vorgezogen wird.