Staat, Politik und Recht beim frühen Hegel
Michael Henkel
Die im vorliegenden Band versammelten Beiträge beschäftigen sich mit der praktischen Philosophie des frühen Hegel, insbesondere des Hegel der Jahre von 1801 bis 1807, in denen der Philosoph an der Jenaer Universität forschte und lehrte. Die Aufsätze, hervorgegangen aus einem 2001 in Jena veranstalteten Kolloquium über Staat, Politik und Recht beim frühen Hegel, fragen aus der Perspektive verschiedener Disziplinen nach dem Gehalt der einschlägigen Arbeiten, ordnen diese in den Entwicklungsgang des Hegelschen Denkens ein, beurteilen die Rechenschaftsfähigkeit der Argumente und beziehen Hegels Überlegungen auf praktische und wissenschaftliche Herausforderungen und Fragen der Gegenwart. Dabei zeigt sich nicht nur, daß bereits der frühe Hegel feinsinnig die Spannungen erkennt, die aus den modernen politischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen resultieren. Vielmehr stellt sich heraus, daß die entsprechenden Antworten, die Hegel in jenen Jahren für die theoretische Bewältigung der modernen Herausforderungen anbietet, auch nach 200 Jahren in Zeiten ökonomischer Globalisierung, wachsender gesellschaftlicher Desintegration und der Frage nach den politischen Bindekräften und integrativen Institutionen einer freien Gesellschaft von großem Interesse sind. Obgleich man den Überlegungen des frühen Hegel heute keineswegs immer folgen kann – schließlich revidierte und präzisierte er sie selbst mehrfach bis zum Erscheinen der Rechtsphilosophie von 1821, in der seine praktische Philosophie ihren reifsten Ausdruck fand –, stellen sie doch ein reiches Anregungspotential für gegenwärtige Debatten in Politikwissenschaft, Jurisprudenz und Philosophie dar, für die der frühe Hegel jenseits eingefahrener Gleise durchaus frische Perspektiven und vertiefte Problemsichten vermittelt. Indem die Texte des vorliegenden Bandes dies verdeutlichen, bereichern sie die Hegelforschung, in der das praktische Denken des frühen Hegel gerade im Blick auf Gegenwartsfragen bisher noch nicht hinreichend ausgelotet und fruchtbar gemacht wurde. Die hier vorgelegten Texte bestätigen in dieser Perspektive die Auffassung Ernst Blochs, daß Hegel „immer an der Zeit“ sei.