Staatsziel „Tierschutz“.
Vom parlamentarischen Gesetzgebungsstaat zum verfassungsgerichtlichen Jurisdiktionsstaat?
Rico Faller
Der Verfasser strebt eine Entideologisierung der rechtswissenschaftlichen Diskussion an und unternimmt es, die Staatszielbestimmung „Tierschutz“ durch Einbettung in das System der grundgesetzlichen Ordnung weiter zu entwickeln, um sie einer stärkeren Operationalisierung zuzuführen.
Dabei wird gezeigt, dass die neue Staatszielbestimmung als verfassungsimmanente Grundrechtsschranke fungiert und damit das bisher bestehende Schrankenproblem löst, indem sie etwa die einfach-rechtliche Regulierung von Tierversuchen verfassungsrechtlich fundiert. Allerdings räumt sie dem Gesetzgeber dabei einen weiten Gestaltungsraum ein. Insbesondere funktionell-rechtliche Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass dieser Gestaltungsraum sogar so weit geht, dass Art. 20a Alt. 2 GG das staatliche Tierschutzkonzept lediglich einer Evidenzkontrolle unterzieht; der staatliche Schutz darf lediglich nicht völlig unzureichend sein. Weiter bindet die Staatszielbestimmung den Gesetzgeber nicht. Inwieweit sie die Auslegung des einfachen Rechts beeinflusst, hängt daher entscheidend von der jeweiligen gesetzgeberischen Konzeption ab. Auf dieser Grundlage arbeitet der Verfasser heraus, dass die Rechtsprechung des BVerfG zur „qualifizierten Plausibilitätskontrolle“ von Tierversuchen nunmehr hinfällig ist, während die im Schächt-Urteil gefundene Auslegung des maßgeblichen Tierschutzrechts nach wie vor gilt.