Subsysteme im Völkerrecht.
Ist die Europäische Union ein "Self-Contained Regime"?
Axel Marschik
Völkerrechtliche Subsysteme sind internationale Rechtsregime, die ihre Rechtsnormen vorrangig durch eigene Mechanismen schützen. Im ersten Teil des Buches untersucht der Verfasser das theoretische Konzept. Obwohl Wissenschaft, Rechtsprechung und Praxis kein einheitliches Bild von Subsystemen geben, bestehen strukturelle und funktionelle Gemeinsamkeiten. Daher ist es möglich, ein abstraktes Modell eines Subsystems zu erstellen, das grundsätzliche Fragen beantworten kann: Beeinflussen sich Subsysteme und Völkerrecht in manchen Bereichen gegenseitig (z. B. Staatenverantwortlichkeit, Repressalien, Vertragsrecht)? Können völkerrechtliche Normen in Subsystemen unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden? Gibt es geschlossene Subsysteme, sogenannte »self-contained regimes«, die das Völkerrecht endgültig ausschließen? etc.
Das theoretische Subsystem-Modell wird im zweiten Teil an die Europäische Union angelegt. Zunächst wird nachgewiesen, daß die erste Säule der Union, die Europäische Gemeinschaft, ein Subsystem des Völkerrechts ist. Eine genaue Untersuchung der Rechtsdurchsetzungsmechanismen kommt zu dem Ergebnis, daß die EG derzeit kein »self-contained regime«, sondern ein offenes Subsystem ist. Dies führt zu einer Reihe von Konsequenzen mit rechtlicher und politischer Bedeutung. Im Ergebnis zeigt sich jedenfalls, daß die Offenheit des Subsystems kein Nachteil für das Gemeinschaftsrecht ist: Solange die EG über keine Mechanismen verfügt, die Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten, stärkt das Völkerrecht das EG-Recht und leistet dadurch einen wichtigen Beitrag zur europäischen Integration.
Ausgezeichnet mit dem »Förderpreis der Europäischen Union für Dissertationen aus dem Bereich Europarecht 1995«.