Textsorten und Spracherwerb
Eine Untersuchung zur Relevanz textsortenspezifischer Merkmale für den "Deutsch als Fremdsprache"-Unterricht
Ilona Feld-Knapp
„Deutsch als Fremdsprache“ (DaF) steht im Schnittpunkt verschiedener Referenzwissenschaften. Es ist ein eigenständiges Fach, das seine Fragestellungen aus der Praxis des sich wechselseitig beeinflussenden Erwerbs- und Lernprozesses der deutschen Sprache durch Nichtmuttersprachler entwickelt und in Zusammenarbeit mit diesen Referenzwissenschaften seine Lösungen erarbeitet. Neue Erkenntnisse aus verschiedenen Referenzwissenschaften des Faches können in den Dienst des Unterrichts gestellt werden und zur Steigerung der Effektivität der Sprachlern- und -lehrprozesse in einem kommunikativ orientierten Unterricht beitragen. Einen sinnvollen Fremdsprachenunterricht ohne Texte gibt es nicht. Sprachliche Kommunikation vollzieht sich in Texten, der Unterricht ist durch Textorientiertheit geprägt. Neue Erkenntnisse der angewandten Textlinguistik zum Begriff „Text“ und zum Thema „textorientiertes fremdsprachliches Lernen“ sind deshalb auch für den „Deutsch als Fremdsprache“-Unterricht von grosser Bedeutung. Sie können in Form von Aufgabentypologien und Strategiekonzeptionen bei der Textarbeit einen Niederschlag finden. In den ersten drei Kapiteln dieses Buches wird die Funktion von Texten im Fremdsprachenunterricht behandelt und näher auf ihren multifunktionalen Charakter und die spezifische Rolle von Sach- und literarischen Texten eingegangen. Anschliessend werden die textuellen Eigenschaften und ihre Relevanz für den Fremdsprachenunterricht sowie Fragen der Textverständlichkeit, die rezeptiven und produktiven Textprozesse im Spracherwerb sowie der Zusammenhang von Textverstehen und Spracherwerb herausgearbeitet. Das vierte Kapitel beschreibt eine Analyse von für den „Deutsch als Fremdsprache“ -Unterricht kommunikativ besonders relevanten Textsorten anhand ausgewählter Textexemplare. Die untersuchten Textsorten sind für den gesamten Fremdsprachenerwerbsprozess von grosser Bedeutung, da sie die Basis für die Herausbildung eines Textmusterwissens in der Fremdsprache schaffen. Die Abgrenzung von Textsorten in der Muttersprache ist nicht notwendig, wenn kommunikative Aufgaben reibungslos durchgeführt werden können. In der Fremdsprache sind Bewusstmachung und Abgrenzung von Textsorten auch aus dem Grunde wichtig, weil die für die Bewältigung kommunikativer Aufgaben nötigen sprachlichen Mittel erst im Umgang mit fremdsprachlichen Texten erworben werden. Bei der Analyse werden allgemeine Merkmale ausgewählter Textsorten reflektiert und anhand von Textexemplaren auch charakteristische Merkmale beschrieben, die aber nicht unbedingt textsortenabgrenzend sind. Texte lassen sich im Fremdsprachenunterricht in zwei Gruppen einordnen: monologische und dialogische Texte. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit monologischen Texten, die wiederum in zwei grosse Gruppen untergliedert werden: fiktionale Texte und nicht-fiktionale Texte = Sachtexte. Bei der Analyse der ausgewählten Textsorten wird das Ziel verfolgt, Muster für den Umgang mit Texten vermitteln zu können. Die beiden letzten Kapitel dieses Buches enthalten die aus der Untersuchung abgeleiteten Anregungen für die praktische Arbeit mit Texten.