Thietmars Welt
Ein Merseburger Bischof schreibt Geschichte
Markus Cottin, Lisa Merkel
Thietmar von Merseburg (976–1018) ist der bedeutendste Chronist der Ottonen, denn er hat in faszinierender Weise die politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen dieser Zeit beschrieben. Ihre besondere Faszination bezieht seine Chronik aus dem Umstand, dass sie, wenn auch schwer beschädigt, als Originalhandschrift überliefert ist. Generationen von Historikern haben seit Jahrhunderten mit Thietmars Werk gearbeitet und immer wieder neue Aspekte entdecken können. Vor dem geistigen Auge des Chroniklesers entsteht die Welt vor 1000 Jahren mit den ottonischen Herrschern, die die Geschicke des Reiches prägten. Das christliche Europa formte sich aus und integrierte verschiedene Stämme und Völker auf dem ganzen Kontinent. Von den königlichen Hoftagen über die Gründung der Slawenbistümer und zahlreicher Klöster und Stifte bis hin zu alltäglichen Begebenheiten wie Wettererscheinungen, Missgeburten oder dem Untergang eines Schiffes lässt uns Thietmar von Merseburg an seiner Lebenswelt teilhaben. Dazu gehören auch Traumgesichter sowie Teufels- und Totenerscheinungen, die das Wirken Gottes, aber auch dunkler Mächte im diesseitigen Leben belegen. All dies wird überspannt von der Kraft der Memoria, der Erinnerung an die Verstorbenen und der Fürbitte der Lebenden für diese.