Über die Dringlichkeit
Anna Kim
In welchem Beziehungsverhältnis steht der Begriff der Dringlichkeit zur Literatur? Anna Kim geht dieser Frage aus verschiedenen Blickwinkeln nach. Das Dringliche und die Dringlichkeit werden in ihrer Semantik vermessen und als ästhetische und ethische Kategorien ihres Schreibens und ihrer Werke konzeptualisiert. So steht Dringlichkeit nicht nur am Beginn jeder schriftstellerischen Arbeit, sie wird von der Autorin auch in ein Spannungsverhältnis zum Individuell-Biographischen und zu den aus dem Text resultierenden ästhetischen Notwendigkeiten sowie zur Dimension der Zeit gesetzt. Damit verknüpft sich die Frage nach den Lesenden und deren Wünschen, nach dem Verhältnis von Literatur und Ökonomie und Literatur und Aktualität, aber auch die Frage nach dem Gedächtnis der Literatur und dem Verhältnis von Literatur und Zeitlosigkeit. Die Reflexion des Dringlichen und der Dringlichkeit erweist sich auf ganz verschiedenen Ebenen als unaufschiebbar für die literarische Arbeit und letztlich auch für die Wertung von Literatur.
Die Innsbrucker Poetik-Vorlesungen von Anna Kim, in denen die Autorin die Gattung des Essays nutzt, zeigen eine Schriftstellerin, die in ihren Texten immer wieder aus fremder Perspektive das Eigene auslotet und dringliche existentielle Fragestellungen mit Politik und Gesellschaft eng führt.