Unternehmensverkäufe der Treuhandanstalt.
Verträge im Spannungsfeld zwischen Arbeitsplatzsicherung und Alteigentümerschutz.
Johannes Heß
Gegenstand der Untersuchung ist die Atypizität der Unternehmenskaufverträge der Treuhandanstalt. Die staatliche Aufgabe der Unternehmensprivatisierung erfordert eine besondere Gewichtung volkswirtschaftlicher Ziele. Neu beim Unternehmenskauf ist die Mischform zwischen der Erlösoptimierung und der Durchsetzung von Gemeinwohlzielen. Dies spiegelt sich vor allem in den Nachbewertungs- und Mehrerlösklauseln sowie den vertragsstrafenbewehrten Arbeitsplatz- und Investitionsklauseln wider. Diese Klauseln halten im Regelfall der Zulässigkeits- und Angemessenheitsprüfung, auch im Hinblick auf das AGB-Gesetz, stand.
Insbesondere Restitutionsansprüche hemmen eine zügige Privatisierung. Die gesetzliche Verfügungsbeschränkung der Treuhandanstalt kann durch das Investitionsvorrangverfahren überwunden werden und setzt den Vorrang der Gemeinwohlziele vor den Rückgabeansprüchen Privater durch. Vor Abschluß dieses spezifischen Verwaltungsverfahrens kann der Unternehmenskaufvertrag noch nicht wirksam werden; der Schwebezustand bedingt eine besondere Pflichtenverteilung zwischen den Parteien.
Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips ist die Rückübertragung der Unternehmen an die Alteigentümer bei Nichterfüllung der investiven Zusagen. Aber auch zugunsten der Investoren ergeben sich aufgrund der unwägbaren Rahmenbedingungen Rücktrittsrechte trotz eines weitgehenden Haftungsausschlusses. Die Diskussion über die Lösungsmodelle zur Vermeidung solcher Vertragsauflösungen wird neu belebt und die Grundzüge der gesetzlichen Rücktrittsvorschriften in ihrer konkreten, juristisch kaum zu bewältigenden Anwendung auf die Unternehmenskaufverträge dargestellt.