Vektoranalysis
Donald E. Bourne, Peter C. Kendall
Bücher über Vektoranalysis beginnen üblicherweise mit der Definition eines Vektors als Äquivalenzklasse gerichteter Strecken – oder weniger genau, als Größe, die sowohl eine Richtung als auch eine Länge hat. Diese Einführung ist wegen ihres einfach erscheinenden Konzeptes einprägsam, aber sie führt zu logischen Schwierigkeiten, die nur durch sorgfältiges Vorgehen gelöst werden können. Folgerichtig haben Studenten oft Probleme, die Anfänge der Vektoranalysis vollständig zu verstehen und verlieren schnell an Vertrauen. Eine andere Unzulänglichkeit ist es, daß bei der weiteren Entwicklung häufig auf die geometrische Anschauung zurückgegriffen wird und viel Sorgfalt nötig ist, um analytische Zusammenhänge nicht zu verwischen oder zu übersehen. So wird z. B. selten klar, daß bei der Definition des Gradienten eines Skalarfeldes, der Divergenz oder der Rotation eines Vektorfeldes vorausgesetzt werden muß, daß die Felder stetig differenzierbar sind und daß die bloße Existenz der partiellen Ableitungen erster Ordnung unzureichend ist. Der Einstieg in die Vektoranalysis, der in diesem Band gewählt wurde, basiert auf der Definition eines Vektors mit Hilfe rechtwinkliger kartesischer Komponenten, die bei einer Änderung der Achsen vorgegebene Transformationsgesetze erfüllen. Dieser Einstieg wurde seit 10 Jahren erfolgreich in Anfängervorlesungen für Mathematiker und andere Naturwissenschaftler benutzt und bietet einige Vorteile. Regeln zur Addition und Subtraktion von Vektoren, zur Berechnung des Skalar- und Vektor produktes und zum Differenzieren sind schnell greifbar und die Möglichkeit, Vektoren so einfach zu handhaben, gibt den Studenten unmittelbares Zutrauen. Der spätere Einstieg in die Theorie der Vektorfelder erscheint natürlich, da Gradient, Divergenz und Rotation in ihrer Koordinatenform definiert sind.