Verfahrensdauer bei Verfassungsbeschwerdeverfahren im Horizont der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK.
Angela Brett
Das von Angela Brett behandelte Thema ist deshalb von solcher Brisanz, weil es in keinem der Konventionsstaaten einen der Verfassungsbeschwerde vergleichbaren Rechtsbehelf gibt. Trotz dieses „Mehr“ an nationalem Rechtsschutz, den die deutsche Rechtsordnung mit der Verfassungsbeschwerde zur Verfügung stellt, behandelt der EGMR diese im Wesentlichen so wie jedes „gewöhnliche“ Rechtsmittel. Das führt in manchen Fällen dazu, dass gerade wegen der diesem Mehr an Rechtsschutz geschuldeten Gesamtverfahrenslänge nach dem Verfahrensabschluss durch das BVerfG eine Verurteilung durch den EGMR folgt. Diese Praxis wirft Fragen auf, nachdem andere Staaten schon gar nicht Gefahr laufen können, verurteilt zu werden, weil sie eben derartige Rechtsschutzmöglichkeiten von vornherein nicht zur Verfügung stellen. Muss es also am Ende heißen, derjenige Staat, der ein Mehr an Rechtsschutz bietet, wird dafür bestraft, weil dieses Mehr eben auch zeitaufwendiger ist? Die Beantwortung dieser Frage stellt den Kern der vorliegenden Arbeit dar. Die Autorin stellt zunächst in einem ersten – rein deskriptiven – Teil die Rechtsprechung des EGMR zum Institut der Verfassungsbeschwerde dar und erläutert im zweiten – analytischen – Teil die völkerrechtlichen Auslegungsmethoden, anhand derer sodann die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Art. 6 Abs. 1 EMRK erfolgt. Die Arbeit mündet in den von der Autorin vorgeschlagenen Lösungsweg, der letztlich unter Berücksichtigung der nationalen Besonderheiten bei gleichzeitiger Beachtung rechtsvergleichender Aspekte aus dem Völkerrecht gewonnen wird.