Vollharmonisierung im Privatrecht
Die Konzeption der Richtlinie am Scheideweg?
Beate Gsell, Carsten Herresthal
Der Begriff der Vollharmonisierung steht für einen grundlegenden Wandel der europäischen Rechtsangleichung auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes. Die bisherigen, überwiegend mindestharmonisierenden Richtlinien erlaubten den Mitgliedstaaten, mit ihren verbraucherschützenden Normen über die europäischen Vorgaben hinauszugehen. Der vorliegende Band befasst sich ausgehend von dem jüngsten Entwurf einer vollharmonisierenden Richtlinie über Verbraucherrechte mit den Folgen vollharmonisierender Richtlinien für das nationale Privatrecht sowie für benachbarte Bereiche wie das Gesellschaftsrecht, das Kapitalmarktrecht und das Wettbewerbsrecht. Die Autoren der Beiträge analysieren in einem allgemeinen und besonderen Teil die weitreichenden Auswirkungen dieses Harmonisierungsansatzes. Neben einem Vergleich der Vollharmonisierung mit anderen Harmonisierungskonzeptionen diskutieren sie in dem allgemeinen Teil auch grundlegende Problemkreise der Vollharmonisierung, insbesondere die Folgen für die Umsetzungsspielräume der Mitgliedstaaten und die Wertungskohärenz ihrer Rechtsordnung sowie die legitime Regelungsdichte vollharmonisierender Richtlinien. Im besonderen Teil folgt eine Analyse des Vorschlags für eine Richtlinie über Verbraucherrechte. Schließlich werden die gewonnenen Erkenntnisse über die Vollharmonisierung im allgemeinen und ihre Anwendung auf das Verbraucherrecht im besonderen mit den Erfahrungen in anderen Regelungsbereichen kontrastiert.