Wilhelm Friedemann Bach
Der unterschätzte Sohn
Ulrich Kahmann
Unter den Musikersöhnen Johann Sebastian Bachs gilt er als das Enfant terrible: Wilhelm Friedemann. Schon zu Lebzeiten ist er als Komponist im Schatten seines jüngeren Bruders Carl Philipp Emanuel geblieben. Der Nachruhm des ältesten Bach-Sohns blüht eher auf außermusikalischem Gebiet. Emil Albert Brachvogel hat ihn in seinem Roman von 1858 wirkungsvoll zum Vagabunden stilisiert. Der Musikforscher Carl Hermann Bitter hat ihn 1868 folgenreich zum mißratenen Sohn herabgesetzt. Der Ruf als genial gescheitertes, dem Alkohol ergebenes Genie umnebelt Friedemann Bach bis heute.
Zum 300. Geburtstag Wilhelm Friedemann Bachs im Jahre 2010 entwirft diese biographische Studie ein anderes Bild: das eines getriebenen Mannes, der sich nicht allein schwer damit tat, sich gegenüber dem übermächtigen Vater zu behaupten, sondern der auch Probleme hatte, seinen Platz in der musikalischen Übergangszeit vom Barock zur Klassik zu finden.
Dies ist die erste Biographie von Wilhelm Friedemann Bach seit 1913, als Martin Falck sein Buch über den „Hallenser Bach“ vorgelegt hat.