William L. Shirers Werk über NS-Deutschland
Ein Zeitzeuge als Autor
Michael Strobl
Dies ist die erste Untersuchung des Werks des NS-Chronisten und Zeitzeugen William L. Shirer (1904-93) an der Schnittstelle von Literatur-, Geschichtswissenschaft und Amerikanistik. Die Auswertung seines bislang unveröffentlichten Nachlasses entlarvt sein millionenfach verkauftes, vermeintlich authentisches Berlin Diary (1941) als hochgradig literarisiert und bearbeitet – teils fingiert. Neben werkgenetischen Einblicken werden anhand von Werkplänen und Korrespondenz der Konstruktionscharakter und die Methoden zur Authentizitätserzeugung deutlich, die die Rezeption des Berlin Diary jahrzehntelang gelenkt haben.
Die Studie umfasst Shirers narrative Strategien innerhalb seines Gesamtwerks, darunter die in Deutschland unbekannten Romane der 1950er Jahre, zeitdiagnostische Bücher, die Geschichtswerke der 60er Jahre (z.B. Rise and Fall of the Third Reich) und seine Autobiographie. Sichtbar wird ein zeitlebens auf den US-Buchmarkt zielendes Recycling seiner Zeitzeugenschaft in NS-Deutschland.